Durchschnittlich 796 000 Menschen arbeiten in Deutschland aktuell in Zeitarbeit (Stand: 2023). Besonders in Branchen mit Personalmangel wie Produktion, Gesundheitswesen, Logistik und Transport, aber auch in der IT und Verwaltung wird zunehmend auf Zeitarbeiterinnen und Zeitarbeiter gesetzt. Der Vorteil des Modells: seine Flexibilität. Zeitarbeit bietet schnelle und effiziente Lösungen für Unternehmen, wenn es zu Auftragsspitzen und kurzfristigem Mehrbedarf kommt, und schafft Ausgleich in Branchen, die besonders stark vom Fachkräftemangel betroffen sind.
Gleichzeitig gibt es aber immer wieder Vorurteile gegenüber Zeitarbeitsfirmen sowie Zeitarbeiterinnen und Zeitarbeitern. Einige Beispiele: Zeitarbeit ist teuer für Unternehmen, die Beschäftigten selbst werden aber schlecht bezahlt, sind schlecht ausgebildet oder schlecht ins Kernteam integriert. In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf die Vor- und Nachteile von Zeitarbeitsmodellen und räumen mit gängigen Vorurteilen auf.
Ein kleiner geschichtlicher Exkurs zur Entstehung der Zeitarbeit
Um die kritische Sichtweise auf Zeitarbeit nachvollziehen zu können, lohnt sich ein Blick in die Geschichte. 1960 wurde das erste Zeitarbeitsunternehmen in Deutschland gegründet. Damals war die Arbeitnehmerüberlassung auf drei Monate beschränkt und es gab keine gesetzlichen Regelungen oder Richtlinien. Seitdem hat sich viel getan: Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind seit 1972 im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geregelt. Das Gesetz wurde seitdem mehrfach reformiert, zuletzt mit umfassenden Änderungen im Jahr 2017.
Equal Pay und Gleichstellung in der Zeitarbeit
Heute ist Zeitarbeit gut geregelt, sodass ein sicheres und attraktives Arbeiten möglich wird. Dazu zählt auch die Gleichstellung von Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern mit der Stammbelegschaft. Der erste Schritt zur Gleichstellung von Zeitarbeitnehmern und Stammmitarbeitern erfolgte durch den Gleichstellungsgrundsatz im November 2008, der festlegt, dass Zeitarbeiter mit festangestellten Mitarbeitern hinsichtlich der Arbeitszeiten und aller damit verbundenen Regelungen gleich behandelt werden müssen.
Seit 2017 legt der Equal-Pay-Grundsatz fest, dass Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern nach einer Frist von neun Monaten im Entleihunternehmen das gleiche Gehalt wie dauerhaft beschäftigte Mitarbeiter in einer vergleichbaren Position erhalten. Das gilt für jede Form der Zeitarbeit und auch für vermögenswirksame Leistungen, Sonder- und Entgeltfortzahlungen, Verpflegungszuschüsse sowie Zuschläge und Zulagen.
Zudem gibt es starke Organisationen, die in Deutschland die Interessen von Zeitarbeitnehmern vertreten und sich für ihre Rechte einsetzen, so zum Beispiel den Gesamtverband der Personaldienstleister (GVP).
Zeitarbeiter sind eine wichtige Stütze in vielen Branchen
Die Nachfrage nach Fachkräften bleibt hoch – Zeitarbeit hilft, diese Lücke zu schließen. Wenn früher eine Arbeitnehmerüberlassung für Krankheitsvertretung, Elternzeit oder Urlaubsvertretung genutzt wurde, so ist Zeitarbeit heute eine wichtige Stütze, um die Grundversorgung in unserer Gesellschaft sicherzustellen und die kritische Infrastruktur am Laufen zu halten – wie etwa im Gesundheitsbereich, in Kliniken oder Altenheimen. Aber auch in anderen Branchen wie Industrie, Handwerk und IT ist Zeitarbeit längst etabliert.
Vor- und Nachteile von Zeitarbeit für Unternehmen
Für Unternehmen, die auf die Zusammenarbeit mit Zeitarbeiterinnen und Zeitarbeitern setzen, gibt es viele Vorteile.
- Faire und transparente Abrechnung: Der größte Vorteil liegt wohl in der fairen Abrechnung: Es werden ausschließlich die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden in Rechnung gestellt. Das bedeutet, dass Ausfallzeiten wie Krankheit, Urlaub oder andere arbeitsfreie Tage nicht zu Lasten des Kundenunternehmens gehen – ein entscheidender Unterschied zur direkten Festanstellung.
- Flexibilität und geringes Risiko: Durch Zeitarbeit können Unternehmen auch kurzfristig auf Auftragslagen, Personalengpässe oder saisonale Schwankungen reagieren, ohne langfristige Bindungen einzugehen. Die Zusammenarbeit mit dem Leiharbeitnehmer endet nach Ablauf der vereinbarten Frist oder kann bei Bedarf verlängert werden – maximal bis zu 18 Monaten. Sollte sich ein Mitarbeiter einmal nicht als passend herausstellen, kann das Unternehmen nach Ablauf der Zusammenarbeit den Einsatz flexibel beenden oder durch das Zeitarbeitsunternehmen neu besetzen lassen.
Zeitarbeit heißt nicht: gering qualifiziert
Ein weit verbreitetes Vorurteil ist die fehlende Qualifikation von Zeitarbeitnehmern – doch dieses Bild ist längst überholt. Viele Zeitarbeitsfirmen legen großen Wert auf qualifizierte, weitergebildete und berufserfahrene Fachkräfte, die perfekt zu den Anforderungen der Einsatzbetriebe passen. Kundenunternehmen haben den Vorteil, dass sie schnell kompetentes und erfahrenes Personal gewinnen – ohne dass sie langwierige Recruitingprozesse brauchen.
Herausforderungen in der Zeitarbeit lassen sich gut steuern
Zeitarbeit kann auch Herausforderungen mit sich bringen, wie die kurzfristige Einarbeitung neuer Mitarbeiter oder mögliche Unterschiede in der Unternehmenskultur. Mit guter Kommunikation, klaren Arbeitsanweisungen und einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen der Zeitarbeitsfirma und dem Kundenunternehmen lassen sich aber auch diese Herausforderungen gut meistern, sodass das volle Potenzial der Zeitarbeit ausgeschöpft werden kann.
Vor- und Nachteile von Zeitarbeit für Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer
Auch Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer profitieren in der Zusammenarbeit mit Leiharbeitsunternehmen. So können sie flexibel in verschiedenen Unternehmen arbeiten – passend zu ihren Interessen und Stärken. Gute Zeitarbeitsfirmen treten dabei als Vermittler auf und setzen sich für ihre Leiharbeiter ein, wenn es einmal zu Problemen mit dem Kundenunternehmen kommen sollte.
Zeitarbeit ist ein Türöffner für Berufseinsteiger, Wiedereinsteiger oder Menschen, die sich umorientieren möchten. Durch sie erhalten sie schnell die Chance auf eine bezahlte Beschäftigung und Einblicke in verschiedene Branchen und Tätigkeitsfelder, in denen wertvolle Erfahrungen für den Lebenslauf gesammelt werden können. Oft gilt Zeitarbeit sogar als erster Schritt in eine Festanstellung – eine Win-Win-Situation da sich Unternehmen und Mitarbeiter oft bereits vorher
kennenlernen dürfen.
Viele Zeitarbeitsfirmen setzen zudem auf Qualifikation und Weiterbildung – und bieten ihren Mitarbeitenden Schulungen, Zertifikate oder branchenspezifische Weiterbildungen.
Auch wenn Zeitarbeitsverträge an Projekte gekoppelt sind, können Arbeitsorte und Zeitpläne frühzeitig besprochen werden, sodass es für Arbeitnehmer Sicherheit gibt. Viele Zeitarbeitsfirmen bemühen sich in der Regel aber um Anschlussprojekte und kommunizieren frühzeitig die nächsten Schritte.
Fazit
Zeitarbeit bietet viele Vorteile – für Unternehmen wie für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Herausforderungen lassen sich durch Offenheit, gute Kommunikation und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit gut bewältigen.